Wolfgang (eigentlich: Hans Wolfgang Otto) Neuss, geboren am 3.12. 1923 in Breslau, gestorben am 5.5.1989 in Berlin. Nach der Schule Schlachterlehre und Landwirtschaftsgehilfe. 1941 Soldat an der Ostfront, MG-Schütze, mehrfach verwundet. Frontkomiker. Nach dem Krieg große Karriere als Kabarettist, Conférencier, Drehbuch- und Dramenautor, Film- und Bühnenschauspieler, Musical-Star, Hörfunkserienschreiber u.v.m. Wurde in den sechziger Jahren „Deutschlands Kabarettist Nr.1“ („Der Spiegel“). In den siebziger Jahren gewollter Ausstieg, Drogensucht, körperlicher Verfall. In den letzten Jahren begrenztes „Comeback“ mit taz-Kolumnen, Fernsehinterviews, regelmäßiger „Sprüche“-Lieferung. Neuss war Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik und gab als Hobby „Fußball“ an.
* 3. Dezember 1923
† 5. Mai 1989
von Manfred Lauffs
Essay
„Das Kabarett“, meinte Werner Finck, „ist wie ein Streichholz: es zündet nicht, wenn es sich nicht an etwas reiben kann.“ Einer, der sich wie kein zweiter gerieben hat, war Wolfgang Neuss, der – so sein Biograph Gaston Salvatore – „vollkommenste Kabarettist überhaupt“. Dieser Mann paßte jedoch in kein griffiges Schema. Er trat in vielerlei Gestalt auf, war ein Allround-Artist, ein widersprüchliches Lästermaul, ein sich ständig verändernder Trommler, der sich kaum über einen längeren Zeitraum hinweg politisch und künstlerisch festzulegen schien. Dennoch verlief seine Karriere – vom grauen Kriegsheimkehrer zum Millionär und Sportwagenfahrer und dann hinab zum Sozialhilfeempfänger ...